Kein Taxi im Regen
Über Kunden(un)freundlichkeit und Wirtschaftslage

Wien, Donnerstag, 26.8.: Es regnet. Viel zu schleppen gibt’s auch. Dennoch müssen wir zum Bahnhof. Was macht eine kluge Frau wie die Meinige in diesem Fall? Richtig: Sie bestellt ein Taxi. Gegen 12 Uhr ruft meine Liebste bei der Taxizentrale einer renomierten Funktaxi-Gesellschaft an und bestellt ein Taxi für 14:15 Uhr an die Ecke Zeismannsbrunngasse und Kirchengasse. (Ortsunkundigen sei gesagt, dass die Zeismannsbrunngasse selbst eine Fussgängerzone ist – oder zumindest wäre, würden sich alle Anrainer und deren Gäste daran halten. Aber das ist eine andere Geschichte).

Es ist 14:15 Uhr, es regnet weithin. Wir stehen mit Sack&Pack an der besagten Ecke. Wer ist nicht gekommen? Richtig. Das bestellte Taxi. Freundlich und verständnisvoll wie meine Liebste nun einmal ist, warten wir noch ein, zwei Minuten. Vergeblich. Viele Autos unterwegs, darunter auch Taxis. Nur nicht das unsrige. Anruf bei der Zentrale: Wo bleibt das bestellte Taxi? Die Zentrale (vertreten durch eine weibliche Stimme) fragt (angeblich) nach und erklärt, das bestellte Taxi sei im Stau aufgehalten worden und werde sich um 10 Minuten verspäten.

Tja. Es ist schon sehr schwer als Taxler pünktlich an einer vereinbarten Stelle zu sein, wenn man nur etwas mehr als 2 Stunden hat, den Anfahrtsweg zu planen. Und wer kann denn mit zähem Verkehr in einer Großstadt rechnen? Oder gar mit einem Stau?

Es ist 14:26 Uhr, es regnet weiterhin, jetzt etwas heftiger. Gerade will ich eine andere Taxigesellschaft bemühen, da taucht ein Taxi vor uns auf. Wie Wegelagerer stürzen wir drauf zu, zumal es auch aus anderen Gründen die Fahrt verlangsamen muss. Meine ansonsten recht zahme Liebste verhört den etwas überraschten Taxifahrer, der kaum mehr als "Kirchengasse" hervorbringt, sie winkt, ich schleppe alles Richtung Kofferraum und gemeinsam verfluchen wir das dahinterstehende Taxi, dessen lautes Hupen wir als das leider typische Zeichen von Ungeduld interpretieren. Dass der Kofferraum verschlossen ist, macht uns auch nicht lockerer. Der Taxler hatte unseren Erstauftritt noch gar nicht verdaut, als er bereits die nächsten Vorhaltungen zu hören bekam.

Im Taxi beruhigten sich langsam die Nerven und wir schilderten ihm unsere Sicht der Dinge, indes er uns die seine klar machen wollte: Er wurde erst vor 4 Minuten beauftragt. Um der Sache auf den Grund zu gehen, versucht er die Zentrale zu erreichen. Doch ehe ich der meine Meinung sagen kann, ist sie schon wieder aus der Leitung. Kommunikationsverweigerung mit dem Kunden. Auch gut, als Kunde weiss man sich zu wehren.

Ist es wirklich kleinlich, sich darüber aufzuregen, wenn man mehr als zehn Minuten auf ein (bestelltes!) Taxi warten muss? Im Regen? Vollbepackt? Dass es nicht unüblich ist, mag schon sein. Aber selbst wenn es "normal" ist, muss man das doch nicht hinnehmen. Und ich werd’s auch nicht.

Das – sehr schwach besuchte – Kunden-Forum der diesen Vorfall betreffenden Taxigesellschaft (60 1 60) bietet nicht viel außer Kritik an den Taxifahrern. Und im Taxler-Forum nebenan beklagen sich die Taxifahrer über schlechte Umsätze (u.ä.)! Tja, meine Lieben, wen darf das wundern? [Ergänzung 2014: Beide Foren wurden mittlerweile auf der Website dieser Taxigesellschaft gelöscht. Wundert 's?]

Ähnliches gilt für leider sehr viele Branchen: Reisenbüros, die nicht in der Lage sind, einen Flug nach Toronto sofort ausfindig zu machen, stattdessen einen Rückruf versprechen und diesen dann nicht machen, sollen sich nicht auf eine schwächelnde Konjunktur ausreden. Die "Ladenhüterin", die nicht in der Lage ist, die ihr Geschäft betretende (potenzielle) Kundschaft zu grüßen und lieber ihre Zeitung liest oder (privat!) weitertelefoniert, darf sich nicht über schlechte Umsätze beklagen. Das gilt auch für "Buchhändler", die nur noch die aktuellen Bestseller kennen, ansonsten aber mit kulturellem Unwissen glänzen. Oder Angestellte, die ihre Unzufriedenheit mit ihrem Job (oder irgendetwas anderem) allzu ostentativ in Mimik und Tonfall fließen lassen.

Mangelnde Kundenfreundlichkeit und fehlendes Fachwissen können gerade in Zeiten einer nicht gerade rosigen Wirtschaftslage sehr gefährlich sein. Klar, dass man für ausgebildetes und engagiertes Personal (vielleicht) etwas mehr berappen muss, aber dafür kaufen die Kunden auch etwas und empfehlen das Geschäft womöglich auch noch weiter, statt es kopfschüttelnd und mit leeren Händen zu verlassen.

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3.9.2004

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