FPÖ versus BZÖ
Eine politische Burleske.

Dem österreichischen Staat hat man ja immer einen starken Hang zum Operettenhaften nachgesagt. Dieser Tage hat sich die kleinere Regierungspartei, die FPÖ, aber einem ganz anderen Metier gewidmet: der Burleske. Trotz (oder wegen?) dem niedrigen Niveau der Laiendarsteller ist der Unterhaltungswert überraschend hoch.

Der Prolog

Zur Erinnerung: Eigentlich wollte die FPÖ ein unliebsam gewordenes Mitglied, das sie und Österreich (angeblich) im EU-Parlament vertritt, aus der Partei ausschließen. Laut Statuten kann sie das nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Vorstandes. Eine Stimmhaltung brachte nicht die Taschenrechner zum Glühen, sondern die Telefone der Anwälte – und das "einfache Parteimitglied" Jörg Haider. Der hatte einst als Parteiführer die FPÖ von einer knapp-5%-Partei zur zweistärksten Partei Österreichs (1999: 26,9%) gemacht. Spätestens seit der vernichtenden Wahlniederlage der FPÖ 2002 (-16,9%) lagen Haiders Nerven ohnehin blank.

1. Akt: Eine Neugründung

Also machte Haider eine seiner mehrmaligen Drohungen wahr und gründete einfach eine neue Partei: BZÖ. (Der Name hat nichts mit Bienenzüchtern o.ä. zu tun, sondern soll "Bündnis Zukunft Österreich" heißen.) Bei der ersten Pressekonferenz saßen nebem dem Parteivorsitzenden Haider dann auch gleich die wichtigsten FPÖ-Mitglieder. Merke: Wenn man jemanden nicht ausschließen kann, geht man selbst und nimmt die Seinen (woandershin) mit.

So weit, so lustig. Der Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) – angewiesen auf die Koalition mit FPÖ bzw. BZÖ – nahm’s gelassen und forderte die Unterschriften aller BZÖ-Mandatare zur Regierung.

Nur ganz so leicht, wie sich das einige vorgestellt haben, ist es nicht. Denn statt traurig in den geleerten Saal zu sehen und das Handtuch zu werfen, leisten die zurückgebliebenen FPÖlerInnen (und Nicht-BZÖlerInnen) Widerstand.

Die meisten davon sind politischen (und medialen) Gegenwind gewöhnt: Viele stehen – um es milde auszudrücken – weeeeeeiiiiiiiit rechts von der "politischen Mitte". Und ihr (wahrscheinlich) neuer Vorsitzender duelliert sich auch noch im 21. Jahrhundert mit Säbeln (oder was auch immer er da verwendet). Alte Recken erinnern sich jetzt an den heroisch-verklärten Kärntner Abwehrkampf (1919/1920) und spätere – höchst unrühmliche – Zeiten.

2. Akt: Der Bruderzwist und eine Hinrichtung

Die folgenden Szenen haben thematisch und stilistisch wenig Niveau – kein Beitrag zum Schiller-Jahr 2005 – und dienen nur der seichten, schenkelklopfenden Unterhaltung:
Eine Abgeordnete im Parlament schließt sich nicht dem BZÖ an, einzelne Landesgruppen und Organisationen der (hoch verschuldeten) FPÖ deklarieren sich für FPÖ oder BZÖ, oder halten sich alles offen. Die Kärntner FPÖ gehört nach Meinung der Bundes-FPÖ zur FPÖ. Mitnichten, meint deren Vorsitzender, denn die Kärnter FPÖ ist in Wahrheit ein Verein und hat als solcher nichts mit der Bundes-FPÖ zu tun. [Schau, schau]. So gibt’s anscheinend nun zwei Kärntner-FPÖs. Die Namensstreitereien entbrennen auch andernorts.

Ein kleiner Zwischendurch-Höhepunkt ist der gestrige Rausschmiss von Jörg Haider aus der FPÖ. Irgendjemand hat offenbar irgendeinen Notstandsparagraphen in den Statuten entdeckt. Eine theatralische Geste, die man sich als Zuschauer doch im Bild-für-Bild-Modus ansehen muss, um sich der Bedeutung bewusst zu werden: Der langjährige Parteiführer, der die Partei verlassen hat, wird von ihr ausgeschlossen. Haider nannte es eine Hinrichtung.

Nun haben die Protagonisten und alle die sich nur selbst dazuzählen zu den Waffen gegriffen, mit denen sie bislang – zumindest 1986 bis 2002 – ihre (gesellschafts)politischen Gegner erfolgreich bekämpft haben: man beschuldigt und bewirft sich gegenseitig mit allerlei Unrat, präsentiert dem Publikum (angeblich) vertrauliche Unterlagen zum Thema "Schuld der anderen", bezeichnet den Gegner als verfaultes Obst, …

Das unbekannte Ende

Nur in einem Punkt dürften FPÖ und BZÖ an einem Strang (mit der ÖVP) ziehen: Keine Neuwahlen. Nach neuersten Umfragen würde das für die FPÖ das politische Aus bedeuten, für die BZÖ zumindest schmerzliche Verluste. 2002 hatte der Bundeskanzler und Realpolitiker Wolfgang Schüssel die damaligen innerparteilichen Querelen der FPÖ genutzt, um den Koalitionspartner mittels Neuwahlen zu dezimieren und die ÖVP auch in Mandaten zu stärken. Diesmal wird er es wohl kaum tun: der Koalitionspartner würde ihm abhanden kommen und damit die Basis für die ÖVP-Kanzlerschaft.

Ein einziger Punkt könnte das freilich ändern: die Fördergelder für die Parteien, auf die FPÖ und BZÖ durch die äußerst prekäre Finanzsituation dringend angewiesen sind. Doch die FPÖ hat mit der einen verbliebenen Mandatarin den Klubstatus verloren. Und die BZÖ ist keine "vom Volk ins Parlament gewählte Partei". Als sich 1993 das Liberale Forum von der FPÖ abgespalten hatte, war das der Grund, das LIF vom Fördertopf fernzuhalten. Eine solche Analogie hat der Bundeskanzler gestern vom Tisch gewischt, doch ohne stichhaltige Argumente.

Eine 1. Kritik

Das burleske Schauspiel könnte sich also noch zum höchst eigenwilligen Königsdrama entwickeln. Bisher treibt es jedenfalls der Mehrzahl der ZuschauerInnen die Tränen in die Augen. Meist vor lauter Lachen, manchmal sind es aber auch Tränen der Verzweiflung: Zahlreiche Vertreter der politischen Kabaretts sieht man dieser Tage der Verzweiflung nahe. Die Realität übertrifft einmal mehr die Fiktion.

Das Publikumsinteresse ist allerdings recht gering. Der Tod des Papstes (Johannes Paul II). und alle damit verbundenen Feierlichkeiten und Fragen stellen alles andere weit in den Hintergrund, alle Fernseh- und Radiosender und Zeitunen scheinen (großteils) gleich- oder durchgeschalten und kennen nur dieses Thema. Für das Ansehen Österreichs ein Glücksfall.

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8.4.2005

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