William Shakespeare:

Hamlet, Prinz von Dänemark
Originaltitel: The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark

Tragödie, um 1600

Inhalt

Der junge Prinz Hamlet von Dänemark trauert noch immer um seinen Vater, während sich der Rest des Hofes längst an die neuen Gegebenheiten angepasst hat: Der neue König ist Claudius, der Bruder des verstorbenen Königs (Hamlet), den die Königin Gertrude sehr bald nach dem Tod ihres Mannes geheiratet hat. Die fehlende Trauer der restlichen Welt, vorallem aber seiner Mutter verärgert Hamlet:

Hamlet: […] – O schnöde Hast, so rasch
in ein blutschänderisches Bett zu stürzen!
Es ist nicht und es wird auch nimmer gut.
Doch brich, mein Herz! Denn schweigen muß mein Mund. — Shakespeare: Hamlet 1,2 (Ü: August Wilhelm von Schlegel)

Da erzählen ihm seine Freunde Horatio und Marcellus, dass sie die vergangenen Nächte während ihrer Wache einen Geist gesehen haben, der dem toten König gleicht. Gemeinsam legen sie sich in der darauffolgenden Nacht auf die Lauer. Und tatsächlich erscheint erneut der Geist. Es ist der Geist des toten Königs und er erzählt Hamlet, wie er tatsächlich ums Leben gekommen ist: Es war kein Schlangenbiss, sondern sein Bruder Claudius hat ihm während seines Nachmittagsschlafes heimlich Gift ins Ohr geträufelt. Der Geist fordert Hamlet zur Rache gegen Claudius auf, die Mutter soll er aber schonen.

Unterdessen hat Laertes, der Sohn des Oberkämmerers Polonius, vor seiner Abreise nach Paris seiner Schwester Ophelia abgeraten, den Liebesschwüren Hamlets zu vertrauen, denn Hamlet ist jung und ungestüm. Das rät auch der Vater. Und Polonius fordert, dass Ophelia Hamlet künftig nicht mehr vorlassen und auch keine Liebesgaben von ihm annehmen soll.

Ophelia gehorcht dem Vater. Die Zurückweisung erscheint nicht nur Polonius als der Grund für Hamlets höchst seltsames Verhalten, das den ganzen Hof rätseln lässt. Der König und die Königin sind verunsichert und beauftragen Hamlets Jugendfreunde Rosenkranz und Güldenstern, Hamlet auszuhorchen.
Doch Hamlet ist nun allen gegenüber vorsichtig. Sein wirres Gerede dient ihm nur als Vorwand. Er sucht nach einem Beweis für die Behauptungen der nächtlichen Erscheinung. Eine eben am Hof angekommene Schauspieltruppe soll ihm dabei helfen:

Hamlet: […] Der Geist,
den ich gesehen, kann ein Teufel sein;
Der Teufel hat Gewalt, sich zu verkleiden
in lockende Gestalt; ja und vielleicht,
bei meiner Schwachheit und Melancholie –
da er sehr mächtig ist bei solchen Geistern –
täuscht er mich zum Verderben: Ich will Grund,
der sichrer ist. Das Schauspiel sei die Schlinge,
in die den König sein Gewissen bringe. — Shakespeare: Hamlet 2,2

Den Instruktionen Hamlets folgend beginnen die Schauspieler mit einer Pantomimenvorstellung, die detailgetreu den Mord an König Hamlet darstellt – offiziell eine Darstellung der Ermordung Gonzagas in Vienna. Nach den ersten Versen auf der Bühne kommt es zum Eklat, auf den Hamlet gehofft hat: König Claudius verlässt den Raum, die Vorstellung wird abgebrochen.

Die Königin will Hamlet nach der Vorstellung zur Ruhe mahnen, Hamlet sie zum Geständnis zwingen – doch nur mit Worten. Während der heftigen Diskussion tötet Hamlet den hinter der Tapete – im Auftrag des Regentenpaars – lauschenden Polonius in der Meinung, es wäre der König.

Claudius ist sich sicher, dass Hamlet die Untat durchschaut hat, und hat seinerseits erkannt, dass Hamlet nicht wirklich wahnsinnig ist. Nun hilft ihm nur die Beseitigung Hamlets: Hamlet soll in Begleitung von Rosenkranz und Güldenstern nach Britannien und dort beseitigt werden. Ein versiegelter Brief beinhaltet die Aufforderung an den tributpflichtigen englischen König zur Ermordung Hamlets.
Hamlet entgeht der Intrige zweifach: zum Einen entdeckt er den wahren Inhalt des Briefes und setzt einen neuen Brief auf, der Rosenkranz und Güldenstern den Tod bringt. Zum anderen wird das Schiff von Piraten geentert, durch die Hamlet nach Dänemark zurückkehrt.

Als der König davon erfährt, macht er den rachedurstigen Laertes zu seinem Werkzeug. Dieser war wegen der Ermordung seines Vaters zurückgekehrt und stiftet erst einen Aufstand gegen den König an – bis dieser ihn von der Schuld Hamlets überzeugen kann. Gemeinsam planen sie ein betrügerisches Duell zwischen Laertes und Hamlet. Da erreicht sie die Nachricht von Ophelias Tod: Hamlets Zustand und der Tod ihres Vater haben das Mädchen in den Wahnsinn getrieben, und dieser sie ins Wasser.

Just zum Begräbnis Ophelias kommt Hamlet zurück und gerät an ihrem Grab in Streit mit Laertes. Kurz darauf kommt es zum scheinbar sportlichen Degenduell und zum blutigen Show-down der Tragödie. Um sicher zu gehen, hat der König einen vergifteten Weinbecher für Hamlet bereitgestellt. Doch die Königin trinkt davon und stirbt vor den Augen der anderen; Laertes kann Hamlet mit den vergifteten Degen verletzten, aber in einem Handgemenge vertauschen sie die Waffen und Hamlet verwundet Laertes ebenfalls mit dem vergifteten Degen. Angesicht des sterbenden Mutter ersticht Hamlet den König.

Sterbend prophezeit Hamlet die Herrschaft des jungen Fortinbras – des norwegischen Prinzen, der wegen seiner Tatkraft und Entschlossenheit ein Gegenstück zum nachdenklichen und zögernden Hamlet ist. Die Nachricht vom Tod Rosenkranz’ und Güldensterns hört Hamlet nicht mehr.

Hintergrund & Kritik:

Die zirka im 10. Jahrhundert angesiedelte Handlung dieser Tragödie geht auf eine Chronik aus dem 12. Jahrhundert zurück und war schon vor Shakespeare in England auf die Bühne gebracht worden.

In zahlreichen Passagen äußert sich Shakespeare im Hamlet auch zu seiner Auffassung über das Theater und die Schauspielkunst (und nutzt diese Gelegenheit für Seitenhiebe auf zeitgenössische Kollegen).

Hamlet: Denn alles, was so übertrieben wird, ist dem Vorhaben des Schauspieles entgegen, dessen Zweck sowohl anfangs als jetzt war und ist, der Natur gleichsam den Spiegel vorzuhalten. — Shakespeare, Hamlet 3,2

Ein weiterer interessanter Aspekt des Hamlet ist das Psychogramm des speichelleckenden Untertans: in vielen Passagen zeigt Shakespeare jene häufig anzutreffende Art von Menschen, die sich bedingungslos den Machtverhältnissen und ihre Meinung stets der (vermeindlichen) des Mächtigen anpasst. Hamlet vorgeblicher Wahnsinn verwirrt und entlarvt sie:

Osrick: Ich danke Eurer Hoheit, es ist sehr heiß.
Hamlet: Nein, auf mein Wort, es ist sehr kalt; der Wind ist nördlich.
Osrick: Es ist ziemlich kalt, in der Tat, mein Prinz.
Hamlet: Aber doch dünkt mich, es ist ungemein schwül und heiß, oder mein Temperament —
Osrick: Außerordentlich, gnädiger Herr, es ist sehr schwül – auf gewisse Weise – ich kann nicht sagen wie. — Shakespeare: Hamlet 5,2

Doch so harmlos sind sie nicht (immer): Eben diese Mentalität macht aus Hamlets Jugendfreunden Rosenkranz und Güldenstern Mordwerkzeuge des Königs.

Dass komödiantische Züge einer (so blutrünstigen) Tragödie absolut gut tun, hat Shakespeare (wie so oft) auch im Hamlet in mehreren Szenen bewiesen: so z.B. die Totengräberszene (5,1), die der Nachricht von Ophelias (Frei)Tod folgt und anschließend Hamlet Gelegenheit gibt, darüber nachzudenken, was denn vom Menschen bleibt.

Hamlet: Zu was für schnöden Bestimmungen wir kommen, Horatio! Warum sollte die Einbildungskraft nicht den edlen Staub Alexanders [des Großen] verfolgen können, bis sie ihn findet, wo er ein Spundloch verstopft?
Horatio: Die Dinge so betrachten hieße, sie allzu genau betrachten.
Hamlet: Nein, wahrhaftig, im geringsten nicht. Man könnte ihm bescheiden genug dahin folgen und sich immer von der Wahrscheinlichkeit führen lassen. Zum Beispiel so: Alexander starb, Alexander ward begraben, Alexander verwandelte sich in Staub; der Staub ist Erde; aus Erde machen wir Lehm; und warum sollte man nicht mit dem Lehm, worein er verwandelt ward, ein Biefaß stopfen können? — Shakespeare: Hamlet 5,1

Das ist es auch, was Shakespears Hamlet vorallem so berühmt und beliebt gemacht hat: Die ewig aktuelle Frage nach dem Tod und der Bedeutung des Lebens. Sie ist das zentrale Thema des Stückes, gestellt und erörtert von einem jungen Mann, dessen Nachdenklichkeit den Titelhelden zum zögerlichen Handeln zwingt.

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