Pierre Gripari:

Kleiner Idiotenführer durch die Hölle

Auswahl, 1992/1996

Sieben Satiren des französischen Schriftstellers Pierre Gripari (1925–1990) zu den Themen Gott, Hölle, Mensch, Teufel, Glaube, … sowie ein Beitrag vom Autor über den Autor und ein "Anhang" von Jot Es.

Das Buch stellt eine Auswahl aus den Schriften Griparis dar, der im deutschsprachigen Raum eher unbekannt ist. Die Satiren sind äußerst zynisch und antiautoritär, der ehemalige Kommunist – bekehrt durch die Niederschlagung des Ungarnaufstands 1956 – pocht auf die Eigenverantwortung des Menschen und damit auch auf seine Verantwortung für die Folgen seines Glaubens – siehe vorallem Radioreportage.

Noch-nicht-Erwachsenen sei vorallem die Geschichte Das brave Teufelchen ans Herz gelegt. Zum (kurzen) Kennenlernen des Autors ist der Text Pierre Gripari, gesehen von Pierre Gripari gedacht.

Inhalt

Die Mißgriffe Gottes
Aus Gripari: La rose réaliste (Lausanne 1985)

Eine Schöpfungsgeschichte mit allerlei Mißgriffen Gottes. In einemfort versucht er sie zu korrigieren, um gleich darauf den Fehler zu begehen.

»So«, sprach Gott Mutter, »für heute hast du genügend Dummheiten gemacht. Jetzt räumst du deine Welt auf und gehst schlafen!« — Gripari: La rose réaliste (Ü: Cornelia Langendorf und Hans Therre)

Übersetzung aus dem Infernalischen
Aus Gripari: Rêveries d’un Martien en exil (Lausanne 1976)

Bischof Marcassin – gemeint ist Bischof Cauchon, der den Prozess gegen Jeanne d’Arc geleitet hatte – spielt dem dämonischen Ich-Erzähler drei böse Streiche.

Der Vampir vom Roten Platz
Aus Gripari: Pédigrée du vampire (Lausanne 1977)

Die Einbalsamierung Lenins und die schrecklichen Folgen für die Welt:

Zur Stunde, da ich schreibe, lebt Lenin noch, als Vampir im Mausoleum auf dem Roten Platz an der Kremelmauer. — Gripari: Pédigrée du vampire (Ü: Cornelia Langendorf und Hans Therre)

Nach dem Gericht
Aus Gripari: La rose réaliste (Lausanne 1985)

Eine Journalistin befragt einen mohammedanischen "Erwählten" und dessen – stumm bleibende Frau – über das Leben im Paradies (des Islams).

Radioreportage
Aus Gripari: Paraboles et fariboles (Lausanne 1981)

Live-Radioreportagen aus der Hölle, dem Fegefeuer, dem Himmel und den Arbeitszimmern der Götter.

»Wie Sie ja wissen, ist die Hölle im Begriff zu schließen, denn das letzte Konzil hat einstimmig beschlossen, alle ewigen Strafen abzuschaffen, da jeder Mensch, selbst der größte Bösewicht, nur das Produkt seines Milieus und historischer Umstände ist und somit für seine Taten nicht verantwortlich gemacht werden kann. Daher hat man das Höllenfeuer gelöscht, alle Verdammten werden posthum rehabilitiert, aus Teufeln werden wieder Engel, …« — Gripari: Paraboles et fariboles (Ü: Cornelia Langendorf und Hans Therre)

Was zunächst recht einfach klingt, erweist sich in der Durchführung als höchst problematisch. Denn das Himmelreich ist keineswegs das eines bestimmten Glaubens.

»Jede Religion hat ihren Gott, wenn nicht sogar mehrere, und ebenso jedes Volk …«
»Und es gibt sie alle?«
»Natürlich! […]«
»Und wer ist Ihrer Meinung nach der wahre?«
»Sie sind alle wahr!«
»Also ich meine … Wer ist der Gute?«
»Der Gute? Was soll ich darauf antworten? Meiner natürlich!« — Gripari: Paraboles et fariboles

Daher sehen sich die einzigen, aber nicht alleinigen Götter – von Jehova bis Allah, von Brahma zum Heiligen Geist – gezwungen, sich auf ein »minimales Glaubensprogramm« zu einigen, um die aufgebrachten Bewohner des Himmelreichs zu beruhigen. Doch noch fehlt einer: Satan.

»Ohne ihn sind uns die Hände gebunden. Er vertritt mehr als drei Viertel der gegenwärtigen Menschheit: Marxisten, Anarchisten, Freimaurer, […] … Er hält, lassen Sie mir den Ausdruck durchgehen, die Mehrheit der Anteile am irdischen Unternehmen.« — Gripari: Paraboles et fariboles

Eine ganz feine Satire!

In jenem Jahr existierte Gott
Aus Gripari: L’arriére-monde et autres diableries (Les Hautes Plaines de Mane, 1972)

Ein Vortrag aus dem Jahre 2054 über ein Wunder, das sich Ende 1965 ereignet hatte: Der Glaube dreier junger Mädchen macht Gott präsent. Plötzlich spüren alle Menschen – ganz selbstverständlich – seine Existenz. Zwar gibt es keine großen Umwälzungen – »Nun, da er existiert, sind alle Systeme gut, sogar die absurdesten«. Dennoch machen sich schwerwiegende Folgen bald bemerkbar.

Daher wird beschlossen, die Mädchen von ihrem Glauben abzubringen. Als am 24. Dezember 1966 schließlich das letzte Mädchen ihrem Glauben abschwört, geht alles wieder in zuvor gewohnter Weise weiter. Alle Kalender werden eingestampft, das eigentliche Jahr 1966 aus dem globalen Gedächtnis gelöscht und zum Jahreswechsel das Jahr 1966 begrüßt. Nur die Sternenkonstellation kann man nicht beeinflussen. Und so werden Spätere darauf aufmerksam.

Das brave Teufelchen. Ein Kindermärchen
Aus Gripari: Contes de la rue Broca (Paris 1967)

Ein äußerst herzige Geschichte von einem Teufelchen, das partout nicht böse sondern brav sein wollte. Keine leichte Sache für einen Bewohner der Hölle und seinem Aussehen. Aber sein Starrsinn bringt ihn – nach zahlreichen Prüfungen – letztlich ins Paradies.

»Verzeihung, Jungfrau Maria, aber das ist unmöglich! Einen knallroten Engel mit Hörnern hat es noch nie gegeben!«
»Ihr seid mir Gimpel«, sagte Maria, »Das hat es noch nie gegeben, schön. Geschieht es zum ersten Mal, daß es Dinge gibt, die es noch nie gegeben hatte?«
Die anderen Engel lachten, und der alte rosa Engel gab gerne zu, daß er etwas Dummes gesagt hatte. — Gripari: Contes de la rue Broca (Ü: Cornelia Langendorf und Hans Therre)

Pierre Gripari, gesehen von Pierre Gripari
Aus Gripari: Critique et contrecritique (Lausanne 1981)

Eine bescheidener Lebenslauf: Der Autor über sein (bisheriges) Leben und Werk.

Schreibt er gut oder schlecht? Er selbst gibt zu, daß er dem Stil keine allzu große Beachtung schenkt. Mehr als Korrektheit oder Eleganz sucht er vor allem den Rhythmus, den dramatischen Ausdruck, die Präsenz der Gestalten und versteht sich in erster Linie als Geschichtenerzähler […]. — Gripari: Critique et contrecritique (Ü: Cornelia Langendorf und Hans Therre)

Jot Es
die apokalypse im eimer
oder der papst ohne präservativ

Eine bitterböse Szene zum Kondomverbot von Papst Johannes Paul II. (Karol Wojtila).

 

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25.4.2005

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