Pausanias

Beschreibung Griechenlands

Sachbuch, ca. 160–175

Einteilung des Werkes

Inhalt

Die 10 Bücher der Beschreibung Griechenlands sind nach heutigen Begriffen ein (umfangreicher) Reiseführer für das griechische Festland, entstanden etwa 160–175 (n.Chr.). Doch es ist kein kühles Sachbuch, das den immensen Reichtum an Tempeln, Statuen, öffentlichen Gemälden und Gebäuden, heiligen Hainen, Gräbern u. v. m. auflistet und beschreibt; es ist auf Grund des Stils und Dank der zahlreichen Exkurse, die ungefähr die Hälfte des Werkes ausmachen, auch ein literarisches Werk. Anektoten, Mythen und Historisches zu Bauten, Gegenständen, Personen und Völkern bereichern die Beschreibungen und mach(t)en das Werk sowohl für die Zuhause Gebliebenen als auch für die Besucher vor Ort lesenswert.

Pausanias beginnt seine Beschreibung mit der Anfahrt nach Piraeus: Per Schiff gelangt er – Kap Sunion umfahrend – in den Hafen.

Der Piraeus war von alters her eine Ortschaft, aber früher, bevor Themistokles Archon [um 490] in Athen war, kein Hafen; Phaleron, denn dort ist das Meer am wenigsten weit von der Stadt entfernt, das diente ihnen als Hafen, und von dort sagen sie, sei Menestheus [König und Heerführer der Athener im Trojanischen Krieg] mit seinen Schiffen nach Troia abgefahren und vor ihm Theseus, um Minos Genugtuung zu geben für den Tod des Androgeos [siehe: Theseus]. Wie aber Themistokles Archon war und ihm der Piraeus geeigneter für die Schiffahrt zu sein und auch drei Häfen zu haben schien statt des einen in Phaleron, da richtete er ihnen diesen als Hafen ein. Schiffshäuser waren zu meiner Zeit noch vorhanden und an dem größten Hafen ein Grab des Themistokles. Man sagt nämlich, die Athener hätten ihre Handlungsweise gegen Themistokles [Der 480 im 2. Perserkrieg siegreiche Stratege war 470 aus Athen verbannt worden] bereut und seine Verwandten hätten seine Gebeine aus Magnesia herübergeholt. — Pausanias: Beschreibung Griechenlands 1,2 (Ü: Ernst Meyer)

Hauptaugenmerk von Pausanias‘ Beschreibung sind freilich die (schon für seine Zeitgenossen) antiken Sehenswürdigkeiten Griechenlands, das "Ursprüngliche", das "Klassische", d.h. die Kultur Griechenlands bis zum 4. Jahrhundert v.Chr. Weniger Interesse hat er an den Werken des Hellenismus und der römischen Zeit (ab ca. 150 v. Chr.) – im Einklang mit dem damals vorherrschenden Zeitgeist des 2. Jahrhunderts n.Chr. Je älter die Tempel, Kultbilder und -statuen, umso aufmerksamer widmet sich Pausanias ihnen.

Pausanias beschreibt das Sehenswerte meist in der Reihenfolge, wie es der Besucher (seiner Zeit) vor Ort vorfindet. So zum Beispiel in die sogenannte "Bunte Halle" Athens:

Diese Halle enthält als erstes Gemälde, wie die Athener bei Oinoe in der Argolis den Spartanern gegenüberstehen. Gemalt ist aber nicht, wie der Kampf auf seinem Höhepunkt oder bei waghalsigen Taten angelangt ist, sondern erst der Anfang der Schlacht und das Handgemeinwerden. In der Mitte der Wände kämpfen die Athener und Theseus gegen die Amazonen […]. Nach den Amazonen sind die Griechen dargestellt, wie sie Ilion genommen haben und die Könige sich wegen der Untat des Aias gegen Kassandra versammelt haben; und das Gemälde stellt Aias selber dar und gefangene Frauen, darunter Kassandra. Das letzte der Gemälde sind die Marathonkämpfer, […]. — Pausanias: Beschreibung Griechenlands 1,15,1

Größenangaben gibt es mitunter, Angaben zu Entfernungen hingegen sehr selten; Pausanias beschränkt sich diesbezüglich meist auf Hinweise wie "rechts davon", "etwas weiter" o.ä. Im ersten Buch (über Attika) springt Pausanias zum Teil etwas wild von einem Teil (Athens) zum anderen, in weiterer Folge entwickelte er nachvollziehbarere Systematiken von Stadtbeschreibungen.

Quellen

Seine Kenntnisse über die Entstehungsgeschichte und Hintergründe stammen zum Einen aus zahlreichen Werken – wissenschaftlichen wie auch künstlerischen –, zum Anderen zitiert er Inschriften vor Ort. Ebenso gibt er Erzählungen der lokalen Bevölkerung oder seines Fremden-/Touristenführers wider, wobei er mitunter daraufhin weist, dass auch ihm nicht alles Glaubwürdig erscheint, was er hier niederschreibt.

Pausanias verweist häufig auf bekannte Werke – wie das des Thukydides‘ (Peloponnesischer Krieg) oder Herodots (Historien) –, um Wiederholungen von Historischem zu sparen. Zur Bewertung lokaler Überlieferung dienen ihm aber auch die Worte berühmter Dichter wie Pindar und insbesonders Homers Ilias.

Messenische Kriege

Da er auf kein durchgängiges, unwidersprochenes Werk bezüglich der Messenischen Kriege zurückgreifen kann, macht sich Pausanias selbst an eine ausführlichere Beschreibung (4,6,1–4,27,11): Wie Messenien im 1. Messenischen Krieg (740–720) von Sparta unterworfen wurde, die beiden großen Aufstände – 2. und 3. Messenischer Krieg (660–640 bzw. 464–454) und schließlich die Befreiung Messeniens (369) und Gründung von Messene nach der Niederlage Spartas bei Leuktra (s.a. Xenophon: Hellenika).

Siegerstatuen in Olympia

Nicht minder umfangreich ist die Beschreibung der Siegerstatuen in Olympia (6,1,1–6,18,7). Denn das Aussehen der Statuen selbst ist für Pausanias sekundär: im Mittelpunkt stehen die dargestellten Sportler und die zahlreichen Anektoten, die sich um sie rankten, zum Beispiel Milon:

Milon [d.h. die Statue von ihm], der Sohn des Diotimos, hat Dameas geschaffen, auch er aus Kroton. Milon wurden sechs Siege im Ringkampf in Olympia zuteil, davon einer noch unter den Knaben, und in Delphi bei den Männern sechs und einer dort bei den Knaben. […] Auf ihn wird auch die Geschichte mit dem Granatapfel und dem Diskos erzählt. Einen Granatapfel hielt er so, daß er ihn weder einem anderen trotz aller Anstrengung überließ noch selbst ihn dabei durch Druck beschädigte, und auf einem Diskos stehend machte er alle zum Gespött, die ihn angriffen und von dem Diskos stoßen wollten. Er leistete sich auch noch folgende Schaustücke […] — Pausanias: Beschreibung Griechenlands 6,14,5f.

Nebenbei überliefert uns Pausanias hier auch ein paar wichtige Informationen über die Bewerbe und die Künstler, die die Siegerstatuen hergestellt hatten.

Kritik

Dass Pausanias auch sonst ein ungemein wertvoller Schatz für die Alte Geschichte und alle an ihr Interessierten ist, muss wohl nicht detailiert angeführt werden.

Pausanias hatte explizit nicht die Absicht, alle Sehenswürdigkeiten des antiken Griechenlands zu beschreiben. Auch ist er – wie manch andere antike Autor – nicht der Versuchung erlegen, stillschweigend auch längst Zerstörtes oder Verschwundenes anhand der Beschreibungen anderer zu "beschreiben", sondern erwähnt stets, was in seiner Zeit zu sehen war oder auch nicht (mehr) und weshalb.

Auch wenn ihm (nachweislich) der eine oder andere Fehler unterlaufen ist, bleibt er eine ganz wichtige Quelle. Ohne ihn bliebe vieles, was heute wieder zu Tage gebracht wird, namenlos. So aber verfügen wir nicht nur über Namen, sondern auch Erklärungen für diese Namen, Geschichten über die Entstehung von Städten, Plätzen, Gebäuden, ja mitunter sogar über Beschreibungen von Tempel- und Priesterdiensten, Festen und Festzügen, Speisevorschriften, Tabus, Vergleichen von unterschiedlichen lokalen Mythen und vieles andere mehr.

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