Publius (od. Gaius) Cornelius Tacitus

Annalen
Annales oder: Ab excessu divi Augusti, verfasst ca. 110–120

Inhalt

Das Geschichtswerk Annalen des Tacitus umfasste ursprünglich die Jahre 14 bis 66 (68?), also die Regierungszeiten des Tiberius, Gaius ("Caligula"), Claudius und Nero, den ersten Nachfolgern des Augustus, der am Anfang des Prinzipats gestanden hat.

Nun ist des frühen Römervolkes Glück und Unglück von berühmten Geschichtsschreibern dargestellt worden; auch mit der Schilderung der Zeit des Augustus haben sich glänzende Talente gerne befaßt, bis sie die überhandnehmende Kriecherei davon abbrachte: des Tiberius und Gaius wie des Claudius und Nero Taten sind zu ihren Lebzeiten aus Furcht verfälscht, nach ihrem Tod mit frischem Haß niedergeschrieben worden. Deshalb beabsichtige ich, nur weniges über Augustus, und zwar das Ende seiner Regierung, zu berichten, dann den Prinzipat des Tiberius und die Folgezeit darzustellen, ohne Abneigung und Vorliebe, wofür mir jeglicher Anlaß fehlt. — Tacitus: Annalen 1,1 (Ü: Erich Heller)

Dem Vorsatz, »sine ira et studio« über die Geschehnisse der Jahre ab 14/15 n.Chr. zu berichten, wird Tacitus nicht wirklich gerecht. Denn einen entscheidenden Vorbehalt hat Tacitus, der unter den Kaisern durchaus höchste politische Ämter erlangte: Er ist ein eingefleischter Republikaner mit altrömischen Idealen. Daher ist seine grundsätzliche Haltung zum Prinzipat keineswegs vorurteilsfrei und wirkt sich auch auf die Beurteilung des einzelnen Princeps aus. Die umfassende Macht des Herrschers unterdrückte den Wettkampf der (aristokratischen) Kräfte, der einst die Römische Republik vorangetrieben hat, und ließ ihn zu einem Wettbewerb der Schmeicheleien und Intrigen verkommen. So empfand Tacitus die Zeit der julisch-claudischen Dynastie denn auch eher als Stillstand verglichen mit der Zeit der Republik.

[…] niemand darf meine Annalen mit den Schriften der Männer vergleichen, die die Geschichte der Frühzeit des römischen Volkes dargestellt haben. Jene konnten von gewaltigen Kriegen, der Eroberung von Städten, von geschlagenen und gefangengenommenen Königen oder, wenn sie einmal die inneren Verhältnisse in den Vordergrund treten ließen, von den Auseinandersetzungen der Konsuln mit den Tribunen, von Acker- und Getreidegesetzen, von den Kämpfen der Plebs mit den Optimaten erzählen, unbeschränkt in ihrem Spielraum: meine Aufgabe ist eng begrenzt und bringt keinen Ruhm; es herrschte ja stetiger oder nur wenig gestörter Friede, traurig waren die Zustände in Rom, und der Princeps war nicht auf eine Erweiterung des Reiches bedacht. — Tacitus: Annalen 4,32

Statt von mächtigen Kriegen und großen Siegen kann Tacitus nur von vereinzelten Feldzügen berichten und muss sich mit Prozessen, Hofintrigen und Ausschweifungen begnügen statt über komplexe politische Entwicklungen und innenpolitische Auseinandersetzungen schreiben zu können. Doch er ist sich bewusst, dass auch kleine Ereignisse der Anfang von »bedeutenden Vorgängen« und Entwicklungen sein können.

Aufbau

Von den ursprünglich 16 Büchern der Annalen fehlen heute die Bücher 7 bis 10 – mit den Geschehnissen der Jahre 37–47 unter Gaius ("Caligula") – und die 1. Hälfe des 11. Buches – Beginn der Herrschaft des Claudius. Außerdem ist der Hauptteil des 5. und der Anfang des 6. Buches (Sturz des Seianus) verloren gegangen.
Im 16. Buch bricht der Text plötzlich mitten im Satz ab. Ob der Rest – Neros Regierungsjahre bis 68 – nicht überliefert worden ist oder wegen Tacitus’ Tod nicht geschrieben wurde, ist ungeklärt.

Die Ereignisse sind chronologisch nach Jahren geordnet – daher auch der Name Annales. Ein typisches Jahr beginnt mit dem Hinweis auf die amtierenden Konsuln – nach denen das Jahr sozusagen benannt ist – und endet mit der Erwähnung von berühmten Personen, die im Laufe dieses Jahres verstorben waren (sofern ihr Ableben nicht zuvor geschildert wurde). Entwicklungen und Geschehnisse, die sich über mehrere Jahre erstreckten, fasste Tacitus meist rückblickend oder vorgreifend (in Perioden) zusammen.
Die Annalen enthalten auch ein paar kürzere Exkurse wie z.B. die Entwicklung der Schrift (11,14) oder einzelner Ämter (Stadtpräfekt: 6,11) oder auffällige Erscheinungen wie die Sichtung des Vogel Phönix (6,28).

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14.8.2005 / 2014

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