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Sokrates und die Sophisten

Im 5. Jahrhundert v.Chr. hatte sich Athen durch seine politischen und militärischen Erfolge (bis 404) aus einer durchschnittlichen Stadt zu einer der mächtigsten und berühmtesten Städte seiner Zeit gemausert.
Der damit verbundene Reichtum wurde für militärische Zwecke verwendet, aber auch in den Ausbau der Stadt (insbesonders unter Perikles). Athen war bald (und für lange Zeit) kultureller Mittelpunkt der Welt – und stolz auf seinen Ruf.

Abgesehen von den eigenen bereicherte eine große Schar auswärtiger Künstler, Lehrer und Philosophen das kulturelle Leben der Metropole. Dies alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrzahl der Athener im Grunde höchst konservativ war und den geistigen Revolutionen (des 5. Jahrhunderts v.Chr.) höchst skeptisch gegenüberstand.

Geistige Revolution

War der Mensch zu Beginn des 5. Jahrhunderts noch völlig dem göttlichen Willen, ja Willkür ausgesetzt, so wies zunächst ein Aischylos den Menschen einen gewissen Grad von Eigenverantwortung zu, der im Laufe der Jahre stetig zu nahm. Die Götter wurden freilich weder abgeschafft noch verleugnet, aber das Gottesbild änderte sich nachhaltig: Tugendhaft und gut sei jede Gottheit, niemals verschlagen und hinterlistig; ausschließlich der Mensch ist für die Katastrophen und Unglücksfälle verantwortlich zu machen. Seine Überheblichkeit und seine Gier nach Macht, Geld, Ansehen oder Frauen sind Ursache für die Tragödien.

Hinzu kamen die unzähligen neuen Denkansätze und Welterklärungsversuche diverser Philosophen – woraus besteht das Weltall, der Mensch, alles Seiende? Gibt es Götter? Wenn ja, in welcher Beziehung stehen sie zu den Menschen? Was ist Tapferkeit, was Schönheit?

Sophisten

Neben jenen Idealisten, denen die Erkenntnis und das Erlangen von Wissen am Herzen lag, gab es eine beträchtliche Zahl von Personen, die – als Lehrer oder Schüler – die Diskussionen ebenso wie den Inhalt der Diskussionen nur zum eigenen Vorteil nutzen wollten. Sie suchten nach "Werkzeugen", um eine gute Sache zu einer schlechten zu reden bzw. umgekehrt.

Solche waren auch unter den Schülern des Sokrates, allen anderen voran Kritias und Alkibiades, zwei der schillernsten und umstrittensten Männern ihrer Zeit.
Kritias war einer der habgierigsten und rücksichtslosesten Oligarchen Athens ("Herrschaft der Dreißig" 404/403). Alkibiades der zügelloseste und übermütigste Demokrat (407 aus Athen verbannt, 404 ermordet).

Sokrates

Aus ihrem Verhalten übrigens konnte man ihren Charakter erkennen, denn sobald sie glaubten, den anderen Zuhörern etwas vorauszuhaben, sprangen sie sogleich von Sokrates ab und gingen in die Politik. Deshalb hatten sie sich an Sokrates herangemacht. Xenophon: Erinnerungen an Sokrates 1,2,16

Für das Verhalten der Schüler wurde der Lehrer (mit)verantwortlich gemacht und war eines der Argumente der Ankläger im Prozeß gegen Sokrates. (siehe Xenophon: Erinnerungen an Sokrates und Platon: Apologie des Sokrates)

Die Ankläger (und nicht nur sie) sahen in Sokrates einen Mann, der den Staat, seine Bürger, die Tradition und die Sitten gefährdete. Sie – wie auch die Komödiendichter (siehe Aristophanes Die Wolken aus dem Jahre 423) – machten zwischen den verschiedenen Sophisten keinerlei Unterschied, für sie war einer so schlimm wie der andere, Sokrates schien ihnen aber der Allerschlimmste zu sein.

Die schrullige Art dieses sonderbaren Mannes dürfte dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben: er nahm kein Geld von seinen Schülern, lebte bescheiden von dem wenigen Besitz, den er hatte, zeigte keine Angst – weder vor der großen Masse noch vor einzelnen Machthabern –, und erwies sich – so weit wir seinen Schülern glauben dürfen – in jeder Diskussion als der letztendlich Bessere; doch nicht selten klang bei alledem Arroganz mit und seine direkte Frageweise hat gewiss den Stolz somanchen Mannes verletzt.

In seiner Verteidigungsrede – Platon: Apologie des Sokrates – geht Sokrates gleich zu Beginn auf das Zerrbild, das die Öffentlichkeit seiner Meinung nach von ihm hat, und dessen Ursachen ein. Seine starre Haltung, die er (freilich) auch gegenüber seinen Richtern nicht ablegt, dürfte ihm allerdings wenig Sympathiepunkte eingebracht haben. Doch darum ist es Sokrates auch in seinem Prozess nicht gegangen; vielmehr wollte er stets, auch wenn es um seinen Kopf ging, sich selbst treu bleiben: ein Mahner für das Streben nach Wahrhaftigkeit und Tugend.

Zu Sokrates siehe:

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2003 / November 2006
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